Gleich nach Ankunft und Bezug des Hotels in Mandalay machten wir uns auf die Suche nach einem kleinen Restaurant, wo wir ein frisches Myanmar Bier trinken können. Wohl ein wenig verloren oder zumindest suchend dreinschauend wurden wir von einem jungen Mann angesprochen. Wir erklärten unser Anliegen und er schlug vor, uns für 1000 Kyat (Fr. 1.25) mit seinem Trishaw (Dreirad) zu einer Bierstation zu fahren. Wir nahmen dankend an und setzten uns in sein Dreirad. Er hatte genau erkannt, was wir suchten und fuhr uns zu einer kleinen Bierbar, wo wir das Ersehnte fanden.
Natürlich witterte er seine Möglichkeit und fragte, wie lange wir denn in Mandalay verweilen und was unsere Pläne seien. Und natürlich stellte sich heraus, dass er uns gerne einen Tag oder zumindest einen Halbtag die Stadt zeigen würde. Er stellte sich als Khaing Gy vor und wir verabredeten uns für de übernächsten Tag.
ls wir Punkt ein Uhr das Hotel verliessen, stand Khaing Gy schon da. Wahrscheinlich stand er schon eine ganze Weile da, nur um uns nicht zu verpassen oder an einen anderen Trishaw-Fahrer zu verlieren. Flo stieg hinten auf, mit dem Blick nach hinten, ich vorne mit dem Blick nach vorne. Die Fahrt ging langsam voran und wir beide fühlten uns ziemlich schlecht dabei, Khaing Gy für uns abstrampeln zu lassen. Wir passierten den Königspalast und Khaing Gy fuhr uns zu einer ersten Tempelanlage. Wir zogen die Schuhe aus und besuchten die Anlage. Khaing Gy wartete mit seinem Dreirad auf uns.
Khaing Gy wartet auf uns vor einem Tempel
Es folgte ein Kloster, weitere Pagoden, ein Tempel mit dem weltgrössten Buch. Da wir das 10 US$ Eintrittsgeld nicht bezahlt hatten, wurde uns der Zutritt in ein wunderschönes Teak-Kloster verwehrt. Es ging uns nicht um die 10$, aber wir achteten sehr darauf, dass von unserem ausgegebenen Geld möglichst wenig zum unterdrückenden Militärregime gelangte. Hätten wir zusammen 20$ bezahlt, wären davon 20$ ans Regime geflossen. Ebenso schliefen wir nur in privaten Hotels und fuhren nicht mit der Bahn, denn diese ist staatlich. So blieb unser Betrag, der an die Regierung geht, minimal.
Khaing Gy dankte uns mehrmals, dass wir ihm an diesem Tag Arbeit gaben. Wir wollten ihm erklären, dass wir uns nicht so wohl fühlten, uns von ihm herumfahren zu lassen, liessen es aber dann sein.
Er wollte uns noch mehr Pagoden zeigen, doch schlugen wir vor, uns doch in ein Restaurant zu fahren, wo wir was trinken würden. Dort sassen wir dann über eine Stunde und Khaing Gy genoss sichtlich das Myanmar Bier. Er strahlte uns an und meinte nur, dass das heute für ihn ja ein "easy-day" sei. Wir plauderten wir alte Freunde. Khaing Gy lachte und meinte, dass wir drei uns sicher noch lange an diesen schönen Tag erinnern würden.
Nach Sonnenuntergang lieferte uns Khaing Gy bei unserem Hotel ab. Zu unserer Überraschung lud er uns für den nächsten Tag zu sich nach Hause ein. Wir waren hoch erfreut und verabredeten uns für neun Uhr.
Am gleichen Abend suchten wir ein paar Geschenke, die wir am nächsten Tag mitbringen können. Wir fanden eine schöne Puppe für Khaing Gy's Tochter, Parfum, Seife und Crème für seine Frau und eine Flasche Whiskey für Khaing Gy selbst.
Khaing Gy mit seiner 4-jährigen Tochter Shi Shin
Khaing Gy hat ein wenig Verspätung. Als er ankommt, entschuldigt er sich und erklärt, dass er seine Frau hätte zum Markt fahren müssen.Wir steigen auf und
er fährt mit uns durchs Zentrum. Die Fahrt dauert eine gute Dreiviertel Stunde und wir fühlen uns schon wieder schlecht dabei. Die Häuser werden immer wie niedriger und plötzlich biegt er in eine holprige Seitenstrasse ab. Wir schlagen vor, dass wir ja zu Fuss gehen können, aber Khaing Gy ist stolz, seine weissen Freunde durch sein Quartier zu fahren. Selbst er staunt, dass wirklich alle Leute, ob alt oder jung, uns zuwinken, anlachen und uns grüssen. Er biegt in eine Einfahrt ein und wir halten vor einem Haus.
"Denkst du, dass hier ist mein Haus?" fragt er mich.
Ich denke, dass er wohl mit ein paar anderen Leuten in diesem Haus wohne, doch laufen wir am Haus vorbei in den umzäunten Hinterhof. Wir biegen zwei mal um die Ecke, an kleinen Barracken vorbei und plötzlich rennt ein kleines Kind auf Khaing Gy zu. Er stellt uns seine Tochter Shi Shin vor und schon bald gesellt sich seine Frau zu uns. Sie spricht kein Englisch, fordert uns mit einer freundlichen Geste auf, ihr Haus zu betreten.
Flo mit Shi Shin
Das Haus, wo die drei wohnen misst gerade mal 2.5 x 3 Meter. Auf dieser Fläche wird geschlafen, gegessen, gekocht, gespielt. Fliessend Wasser gibt es natürlich nicht, Strom auch nicht. Aber ein Kabel wurde vom Haupthaus zu Khaing Gy's Haus gezogen, so dass er eine Neonröhre mit seinem Nachbarn teilen kann. Die Toilette und ein Platz um sich zu waschen befindet sich irgendwo im Gewirr dieser kleinen Baracken. Khaing Gy erzählt uns, dass er 15'000 Kyat (Fr. 19.--) für die Miete bezahlen muss. Ein kleiner Betrag kommt noch zusätzlich dazu für den Gebrauch der Neonlampe.
Um seine Familie und sich selbst ernähren zu können muss er 5000 Kyat pro Tag einnehmen (Fr. 6.25). Wir hatten ihm für den gestrigen Halbtag 10'000 Kyat bezahlt, unverhandelt. Aber er findet längst nicht jeden Tag Touristen, die ihm einen Job geben. Das Leben ist hart, ein grösseres Haus können sie sich nicht leisten. Khaing Gy's Frau kocht uns eine wunderbare Malzeit. Wohl das Beste, was wir in Myanmar gegessen haben. Nur Khaing Gy isst mit uns. Er meint, seine Frau und seine Tochter hätten schon gegessen. Unsere Theorie ist aber, dass die Familie wahrscheinlich nur drei Teller besitzen.
Ich mit Shi Shin und den Kindern aus der Nahbarschaft
Seine Tochter Shi Shin ist vier Jahre alt und allerliebst. Mit der Puppe als Geschenkt haben wir ins Schwarze getroffen. Sofort wird sie den Freunden gezeigt, die sich dann alle um uns versammeln. Zum Glück haben wir noch ein paar kleine Geschenke eingepackt, so dass alle Kinder etwas erhalten. Khaing Gy's Ziel ist es, seine Tochter in die Schule zu schicken. Doch dies ist teuer.
Khaing Gy's Haus. Die Wände wurden zusätzlich mit Zeitungspapier abgedeckt, damit die Sonne nicht zu fest hinein scheint. In den beiden Kisten befindet sich die gesamte Habe der Familie. Im Gefäss recht befindet sich Trinkwasser, welches aus einem Brunnen zu Fuss hergeschafft wird.
Wir sind gerührt von der Freundlichkeit und der Herzlichkeit, die uns von Khaing Gy und seiner Familie entgegen gebracht wird. Nach ein paar Stunden verabschieden wir uns von den dreien, versprechen eines Tages zurück zu kehren. Dies war einer der besten Tage unserer Reise.
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