Freitag, 3. Juni 2011

Kashmir - Wandern im Liddervalley

Typisches Haus der Halbnomaden


Die Landschaft wird geprägt von grünen Wiesen worauf Kühe, Büffel, Pferde, Ziegen und vor allem Schafe weiden. Riesige Föhren, Zedern und Kiefern spenden uns immer wieder Schatten, denn obwohl wir uns auf fast 3000 M.ü.M. befinden, wird es tagsüber sehr heiss. Im Schatten trinken wir einen Chai (süsser Milchtee) oder einen Nunchai (salziger Tee). Beides gibt Energie zum weiter wandern. Der Wegrand wird von Gänseblümchen, Buschwindröschen, Löwenzahn, Disteln und Iris gesäumt. Auch die Tierwelt ist nicht viel anders als bei uns.

Hasen, Wildschafe, Murmeltiere, Bergdohlen, Lämmergeier. Es gibt auch viele Schwarz- und Braunbären, doch im Gegensatz zur Schweiz bekommt der Bär hier keinen Namen und wird nicht abgeknallt. Ein bisschen seltener sind auch Tiger und Schneeleoparden zu Gesicht zu bekommen. Auf jeden Fall werden bei unserem Lager am Abend zwei grosse Feuer entfacht. Die beiden Ponies, die den ganzen Campingkrempel den Berg hinauf geschleppt haben, werden zwischen den beiden Feuer festgebunden um sie von eventuellen Tigerangriffen zu schützen. Hätte ich das früher gewusst, hätte ich mein Zelt auch näher beim Feuer aufgebaut.


Diese improvisierte Haus sieht eher aus wie eine Flüchtlingsunterkunft


Sharon aus Taipeh


Nomaden-Häuser

Die Landschaft, Fauna und Flora ist sehr ähnlich wie daheim. Was macht den Kashmir für einen Schweizer interessant? Ganz einfach. Das fehlen von Strommasten, Lawinenverbauungen, Generatorenhäuschen und Mobilfunkantennen (andererseits gibt es hier auch keinen Strom und keinen Handyempfang). Es gibt keine Talstationen, Bergstationen, Mittelstationen, keine Bügellifte und vor allem werden keine Schneisen für Skipisten in den wunderbaren, intakten Wald gehauen. Und es gibt nur wenige Touristen. In einer 2001 Ausgabe des Lonely-Planet-Reiseführers über Nordindien wurden Kashmir und Jammu gerade vier Seiten gewidmet, wobei eine Seite nur mit Warnungen beschrieben war. Die 2007er Ausgabe über ganz Indien weist nun schon stattliche 46 Seiten auf. Die Warnungen sind verschwunden. In der Tageszeitung Indian Times konnte ich lesen, dass die Region Kashmir und Jammu, nachdem es seit 2006 ruhiger geworden ist, sich über den Zuwachs von Touristen freut. Doch noch ist, bis auf einige indische Touristen, niemand da.


Unsere Wanderung führt uns von Pahalgam nach Aru und von dort 13 km ins Liddertal hinein zu einer Au namens Lidderwat. Dort zelten wir für vier Tage. Ursprünglich waren sechs Tage vorgesehen, doch war dies wahrscheinlich ein Missverständnis. Meine Wanderkollegin Sharon, eine 50-jährige Taiwanesin aus Taipeh hat auf jeden Fall nur vier Tage Zeit. Die Ruhe ist unwahrscheinlich. Nur das Rauschen des Bachs, das Krähen der Raben und das Singen der unzähligen Vögel ist zu hören. Tags unternehem wir Wanderungen in die Seitentäler des Lidder, abends sitzen wir am Freudenfeuer und wärmen uns auf. Gulam, unser Ponyführer singt einige Kashmiri-Lieder für uns und Majeed, unser Führer kocht ein köstliches Gemüsecurry oder eine Kashmiri-Pulau.


mein Zelt

Cricket - Nationalsport Nr. 1




Das ganze Tal wir von Hirten bewohnt. Es sind Halbnomaden. Vier Monate im Jahr wohnen sie in ihrem Dorf, vier Monate im Liddertal und vier Monate weiter oben in den Bergen, wo im Sommer die Gräser saftiger sind. Auf den ersten Blick sehen die Kashmiri-Schäfer grimmig aus. Sind sie aber nicht. Sie sind äusserst freundlich und auch sehr neugierig, was den weissen Mann anbelangt. Der alte Abdullah mit Henna in seinem Bart stellt viele Fragen. Er sitzt eine lange Zeit mit uns am Feuer und ich bitte ihn, ein Bild von ihm machen zu dürfen. Er ist erfreut darüber und ich mache meine paar Fotos. Majeed gibt ihm eine Packung Kekse, die irgendwo unter seinem langen Umhang verschwindet. Ich drücke ihm zum Dank eine Mango in die Hand. Er schaut sie verwundert an und lässt sie ebenfalls unter seinem Mantel verschwinden. Kashmir ist die Früchtekammer Indiens. Äpfel, Trauben, Kirschen und Aprikosen wachsen hier in den tieferen Regionen, doch eine Mango hat Abdullah wohl noch nie gesehen. Zwei leere PET-Flaschen hat er schon zuvor erhalten und verschwinden lassen. Diese kann er zum Milch aufbewahren sehr gut verwenden. Plötzlich zaubert er ein Nokia-Handy unter dem Mantel hervor und drückt hilflos darauf herum. Sein Neffe Kasim kommt ihm zu Hilfe. Empfang hat er mit dem Handy hier keinen, nur unten im Tal, 13 km entfernt. Aber das Handy hat eine Fotofunktion und er möchte mich auch fotografieren. Er freut sich über das Bild von mir und ich komme mir vor wie einer der ersten Pioniere in Amerika. Ich nicke ihm zu und denke mir, es werden noch viele, viele mehr kommen und sie werden dir dein Feuerholz vor der Nase wegsammeln, damit sie die halbe Nacht hindurch sich am Lagerfeuer erwärmen können. Sie werden dir mehr leere PET-Flaschen da lassen, soviele, dass du nicht mehr weisst wohin damit...

Die Mango hat er mir nicht zurück gegeben!




Mein Wander-Outfit. Leichte Hose für 230 Rps. (Fr. 4.60) und die dicke Wolljacke (made in Italy!) für 250 Rps. (Fr. 5.--). Die Hosen hätte ich 12 Rupien billiger kriegen können, wenn ich das paar mit den 3 Taschen genommen hätte. Habe mir aber die Luxusausführung mit den 5 Taschen geleistet.



Mit dem Ponyman Gulam bin ich am dritten Tag in ein Seitental gewandert. Zwei über den Lidder gelegte Baumstämme dienen als einzige Brücke weit und breit. Gulam balanciert ohne Probleme darüber hinweg. Ich versuche es ihm gleich zu machen, doch schon nach zwei Schritten auf den sich bewegenden Baumstämmen bleibe ich stehen und schaue in den tosenden Bach hinunter. Ich überlege kurz und krabble auf allen Vieren weiter.
Auf dem Rückweg will er mit mir über die natürliche Schneebrücke auf die andere Seite des Flusses gelangen. Ich schaue mir diese Brücke an und deute ihm, dass ich auf gar keinen Fall über diese Todesfalle gehen werde. Ich meine, wer "Der Berg ruft", "Flucht in die Dolomiten" und andere Luis Trenker Filme gesehen hat, weiss um die Gefahr bei solchen Schneebrücken.


Gulam beim Mittagessen



Diese zwei Baumstämme sind die einzige Brücke über den Lidder weit und breit

Sehr komisches Gefühl,wenn in einem abgelegenen Tag die Geier über einem kreisen

Die Todesfalle - Schneebrücke über den Lidder

Hier half ich diesen Männern den Baumstamm zum Fluss zu schleppen. Damit wird eine neue Brücke gebaut.


1 Kommentar:

  1. Salut l'homme aux tongs!
    Au bord de la mer ou à 3000 m. au Cachmire, toujours en tongs!
    Pas de problème!
    Ici aussi c'est la saison des tongs.
    Ouf! Car si tu rentrais en hiver, tu serais capable de sortir en tongs dans la neige.
    Belles photos, très beaux portraits des habitants du Cachmire.
    Je me réjouis de pouvoir en parler avec toi.
    Ici, tout le monde t'attend!
    A bientôt.
    Danièle

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