Praktisch überall in Indien wird Englisch gesprochen. Dies ist natürlich ein Erbe der englischen Kolonisation und das gesprochene Englisch ist dadurch dem Britischen Englisch näher als dem Amerikanischen Englisch. Im indischen Englisch sind noch sehr viele Höflichkeitsfloskeln vorhanden. Niemals würde ein Inder fragen "What's your name?". "What is your good name?" wird stattdessen verwendet. "Sir" wird praktisch vor jedem und nach jedem Satz angehängt. Kinder jedoch nennen mich "Uncle" und junge Leute manchmal "Boss".
Im Kontrast dazu stellt man rasch fest, dass die Wörter "Thank you" und "Please" im Indisch Englischen nicht häufig Verwendung finden. "Excuse me" wird verwendet, gemeint damit ist zwar eher "kann ich deinen Platz in der Schlange einnehmen?".
Während Engländer Ihre Sätze häufig mit "Well" beginnen, tendieren die Inder eher zu einem "Actually" oder "Basically".
Ebenfalls sehr unterschiedlich zur westlichen Welt ist die Körpersprache der Inder. Gespräche können mit reinem bewegen des Kopfs geführt werden. Leichter Rechtsdreh bedeutet "hallo", eine kurze von rechts nach links Bewegung bedeutet "wie geht's". Ein erneuter Rechtsdreh mit haltender Pose bedeutet "gut". Auf eine Frage wird mit einem Kopf wackeln geantwortet. Für uns weder ein ja noch ein nein und man kann meist nur am Lächeln erkennen, ob es eine positive oder eine negative Antwort ist.
Das Küssen zwischen Mann und Frau in der Öffentlichkeit ist in Indien verpönt. Hand in Hand gehen ebenfalls. Jedoch nicht zwischen zwei Männern. Männer gehen Hand in Hand und streicheln einander zärtlich. Dies ist aber kein Zeichen von Homosexualität, sondern ein ganz normaler Umgang unter Männern. Aber es kommt einem schon komisch vor, wenn im Zugabteil zwei junge Militärs sitzen und der Linke den Rechten mit seinem Arm umschlingt und der Rechte den Linken an der Innenseite des Oberschenkel streichelt.
Nacktszenen und sogar Küssen sind in indischen Filmen nach wie vor verboten. Beides wird aus westlichen Filmen hinaus geschnitten, um diese dem indischen TV tauglich zu machen. Eigentlich erstaunlich, wenn man bedenkt, dass man bei jedem Kamasutra-Tempel höchst pornographische Darstellungen in Holz geschnitzt sehen kann (Fotos davon sind bei mir per Mail erhaeltlich, fuer nur 3.99 pro Monat :-)
Inder sind sehr neugierig. Nach den üblichen "Wie heisst du?", "woher kommst du?", "wie alt bist du?", "wie viel kostet dieser Fotoapparat in deinem Land?" und "wie viel verdienst du in deinem Land?"-Fragen, kommt schon bald die Frage "Seit ihr verheiratet". Wir beantworten dies stets mit "ja", weil es sich in Indien einfach nicht gehört, ein Hotelzimmer zu teilen, wenn man nicht verheiratet ist. Ebenfalls haben wir uns angewöhnt zu sagen, dass wir erst ein Jahr verheiratet sind, da wir sonst für krank oder impotent gehalten werden könnten, da wir keine Kinder haben.
Noch heute werden 95 % der indischen Hochzeiten werden durch die Eltern arrangiert. In den meisten Fällen haben die zu Verheiratenden jedoch ein Veto-Recht, nachdem sie ein Foto des/der Zukünftigen gesehen haben. Mindestalter für eine Heirat ist 18 für die Frau und 21 für den Mann. Dies wird aber häufig nicht eingehalten, da in den ländlichen Regionen Indiens viele Inder keine Ahnung haben, wie alt sie eigentlich sind und auch, weil zum heiraten keinerlei Identitätsdokument erforderlich ist.
Sogar der höflichste und geduldigste Fahrer wird im indischen Strassenverkehr zum Monster. Fahren in Indien ist Männersache und gebraucht werden im Strassenverkehr nur drei Dinge: eine gute Hupe, gute Bremsen und viel Glück. Hupe und Lichthupe werden nicht als Warnsignale verwendet, sondern um den Weg frei zu machen. Wer zuerst mit der Lichthupe leuchtet, erhält Vorfahrt.
Um zu Überholen, wird zuerst möglichst nah auf das voran fahrende Fahrzeug aufgeschlossen (wir sind hier im Zentimeterbereich, dazu kommt, dass die Bremslichter des Vorderen sowieso nicht funktionieren), dann wird wie wild gehupt, um den anderen zur Seite zu bewegen, dann ausgeschert. Überholt wird überall. Wird das Manöver vor einer unübersichtlichen Kurve vollzogen, wird zusätzlich die Hupe betätigt, um einem eventuell entgegen kommenden Fahrzeug zu signalisieren, dass da jemand auf der falschen Strassenseite daher kommt.
Kleider kaufen ist eine weitere spassige Sache in Indien. Kleider sind extrem billig, die Qualität auch. Ein T-Shirt kostet etwa 100 Rupien, also Fr. 2.20. Nach ein paar Mal waschen hat die Farbe des T-Shirts jedoch nichts mehr mit dem gekauften gemein. Da die Kleider entlang von staubigen Hauptstrassen angeboten werden, sind sie meist im Laden schon sehr dreckig. "This wash", beharren die indischen Verkäufer darauf, dass der Dreck beim einmaligen Waschen, genau so wie die Farbe verschwinden wird. Sucht man sich ein blaues T-Shirt aus und fragt, ob er dieses in einer kleineren Grösse in seinem Laden hat, kommt das "yes" wie aus einer Pistole geschossen. Er kommt dann mit einem T-Shirt angerannt, das jedoch weder blau ist, noch das gleiche Muster hat, dafür aber eine Nummer kleiner ist. Die Inder verstehen nicht, dass man an einem gewissen Kleidungsstück Gefallen gefunden hat, und so bringen sie einem irgend eine anderes Shirt zum Kauf.
Fragt man dann nach dem Preis des Shirts, wird der Inder irgendwo bei 320 Rupien beginnen. Jeder Reiseführer sagt einem, dass beim Feilschen der richtige Preis ungefähr 30 % unter dem ersten Preis liegen sollte. Das ist natürlich absoluter Schwachsinn. Der richtige Preis ist ungefähr ein Drittel des ersten Preises. Ich weiss also, ich will ungefähr 100 Rupien bezahlen. Ich verdrehe die Augen und schmeisse das Shirt auf einen Kleiderstapel zurück.
"Was ist dein Preis?", kommt dann die Frage.
"30 Rupien".
"Nicht möglich, nicht möglich," verstellt er sich, verärgert zu sein.
"Okay" sage ich, "nun hatten wir beide unseren Lacher, lass uns seriös handeln. Gib mir deinen Preis!"
"Okay, letzter Preis 150 Rupien."
"Ich gebe dir 80."
"100, okay?"
"Okay, Thank you"
Begibt man sich in Palolem vom Strand zur Strasse, wird man sofort mit etlichen Angeboten bombardiert. "Scooter, Sir?"
"No"
"Taxi, Sir?"
"No", sage ich im vorbei gehen.
Ein paar Schritte weiter:
"Taxi, Sir?"
"No, thanks"
"Vielleicht morgen?", fragt er nach.
"Sicher nicht"
Kaum einen Meter weiter:
"Taxi, Sir?"
"NEIN"
"Tomorrow?"
"Ohh, NEIN"
Der Nächste steht schon fragend bereit:
"Airport?"
"Hör mal! Ich stehe hier in halb nassen Shorts vor dir und habe nebst dieser leeren 5 Liter Wasserflasche, die ich hier in diesem Laden wieder auffüllen lassen will, keinerlei Gepäck mit mir. Wie zum Teufel kommst du auf die Idee, dass ich zum Flughafen gefahren werden möchte!?!"
Ich verlasse den Laden mit einer vollen Wasserflasche und gehe Richtung Strand zurück. Die Distanz vom Laden zum Strand ist maximal 15 Meter.
"Taxi, Sir?"
"Ja, zum Strand, please," antworte ich und finde mich selbst sehr witzig.
"5 Rupien", antwortet er grinsend.
Indien ist ein fantastisches Land. Obwohl wir in den letzten fünf Monaten nur einen kleinen Teil davon gesehen haben, können wir schon jetzt mit Sicherheit sagen: "Indien, wir kommen wieder!"
Aaaah mon cher Oli, que de merveilleux souvenirs ça me rappelle tout ça ...! Ton compte-rendu est tout simplement génial de vérité et, tout comme vous, je ressens le même désir d'y retourner ...!
AntwortenLöschenEncore une fois, mille mercis pour tout, mes Vadrouilleurs préférés, et à tout bientôt :-)
jc