Sonntag, 25. Oktober 2009

Annapurna mit Kafka - ein kurzer Zusammenschnitt


Im letzten Moment habe ich eine Ersatzhose und Kafkas Process in den Rucksack gepackt.

Tag 1: von Besi Sahar (820m) nach Bahundanda (1310m), 17 km
Noch können wir es kaum fassen, dass wir die nächsten Wochen mit wandern und nur mit wandern verbringen werden.
Die Vegetation ist tropisch. Bambus, Palmen usw. Viele Wasserfälle.

Tag 2: von Bahundanda nach Jagat (1300m), 7 km
Die ganze Nacht hindurch wütet ein Gewitter, es regnet in Strömen. Am Morgen erfahren wir, dass die die Ausläufer eines Taifuns seien, welcher Südostasien getroffen hatte. Der Regen stoppt nicht. Es hellt nicht auf. Irgendwann beschliessen wir, trotzdem los zu wandern. Wir packen also alles wichtige in Plastiksäcke und verstauen es im Rucksack. Regenhülle wird übergezogen. Da wir uns ausserhalb der klassischen Regenzeit befinden, hatten wir darauf verzichtet, Regenhosen mitzubringen. Um 09.00 Uhr brechen wir also auf. Der Regen ist nun nicht mehr so stark, haben sich jedoch die Wanderpfade ist kleine Bäche verwandelt. Innert kürzester Zeit sind meine Socken nass. Die Freude über den schwächeren Regen war nur kurz. Zeitweise schüttet es wieder wie aus Kübeln. Hosen und Unterhosen sind nun ebenfalls klatschnass. Meine Vaud-Regenjacke stellt sich heraus, ist eher eine Windjacke, denn darunter bin ich bis aufs T-Shirt ebenfalls nass. Habe einen Blutegel an der Wade.

Noch daheim, hatte Flo von irgendeiner Firma eine Einweg-Pellerine geschenkt gekriegt. Diese hatte sie damals im Gepäck verstaut. Glücklicherweise. Denn genau diese Pellerine hat sie nun davon bewahrt, bis auf die Knochen nass zu werden. Nach dreieinhalb Stunden Marsch und gerade mal sieben zurück gelegten Kilometern brechen wir unsere Wanderung in Jagat ab. Ich preise den Moment, als ich die Ersatzhose eingepackt hatte. Dank den Plastiksäcken blieben auch die meisten Sachen im Rucksack trocken, denn ebenfalls erwies sich die mit dem Rucksack mitgelieferte Regenhülle, nicht als Taifun-tauglich. In trockenen Kleidern setzen wir uns in unserem Guesthouse ins Restaurant, die Schuhe dürfen wir in der Küche ans Feuer stellen. Trotzdem dauert es vier weitere Tage, bis dann meine Schuhe wirklich trocken sind.

Tag 3: von Jagat nach Dharapani (1900m), 15 km
Als hätte es nie geregnet. Um 08.00 Uhr brechen wir bei schönstem Sonnenschein auf. Habe meine Hose zum trocknen an den Rucksack gebunden.
Drei Mal müssen wir die Schuhe ausziehen, um Flüsse bzw. Bäche zu überqueren. Ebenfalls überqueren wir die Vegetationsgrenze. Pinien und Tannen haben nun die Vorherrschaft. Wir sind schockiert, was manche Touristen von den Trägern tragen lassen. Es gibt Träger, die tragen bis zu 80 kg den Berg hinauf.

Tag 4: von Dharapani nach Chame (2710m), 16 km
Da wir weder eine Guide noch einen Träger mithaben, erfahren wir meist nicht, wie die wundervollen Berge um uns herum heissen. Als wir jedoch in Chame ankommen, erhalten wir das "Manaslu-View-Ost-Zimmer". Konnte den Manaslu auf keiner Karte ausfindig machen, kann aber versichern, dass es sich um einen mächtigen Berg handelt. Eventuell ist Manaslu ein Sherpa-Wort.
Mt. Manaslu


Tag 5: von Chame nach Lower Pisang (3250m), 18 km
Annapurna II (7937m) und Annapurna IV (7525m) tauchen vor uns auf und bieten ein majestätisches Panorama. Es bietet sich die Möglichkeit, in Upper Pisang ein Kloster zu besuchen, darauf verzichten wir aber, weil wir doch schon unzählige Klöster gesehen haben. Ausserdem liegt, wie der Name es schon sagt, Upper Pisang ziemlich weiter oben als Lower Pissang.

Tag 6: von Lower Pisang nach Manang (3540m) 16 km
Durch das Regenwetter vor ein paar Tagen hatte sich der Touristenstrom in Manang gestaut. Denn wenn es unten regnet, dann schneit es oben. Viele Trekker wollten nicht zu lange warten und wanderten nach Besi Sahar zurück. Andere blieben, was zu einen Knappheit an Hotelbetten führt. Als wir um die Mittagszeit in Manang ankommen, ergattern wir gerade noch eines der letzten Zimmer. All die Trekker, die nach uns kommen, werden in in die Dörfer vor Manang zurück müssen.
Brakha

Tag 7: Ruhetag zur Akklimatisation
Der Ruhetag war der Härteste. Ich habe erfahren, dass mein Grossmami die Nacht zuvor nach einem Sturz an einer Hirnblutung gestorben ist. Ich befinde mich sechs Tagesmärsche von der nächsten Strasse entfernt. Ich kann rein gar nichts unternehmen. Wir wandern zum Fusse des Gangapurna-Gletschers. Meine Gedanken drehen sich nur um meine Grossmutter. Noch fünf Monate zuvor hatte sie in meinen Armen geweint und gesagt, dass sie mich vielleicht nie wieder sehen werde. Nach dem Sturz musste sie nicht leiden, hat nichts mitbekommen. Dass es nun ich bin, der sie nie wieder sehen wird, daran hatte ich zuvor nie gedacht. Ich hatte ihren Satz nie aus meiner Sicht betrachtet. Der ungemein schöne Gletschersee erinnert mich daran, wie nahe sich Freud und Leid stehen. Ich lebe im Moment meinen Traum, verbringe zusammen mit Floriane die beste Zeit meines Lebens, und gleichzeitig ist es ein sehr trauriger Moment. Die Wanderung und die Reise gehen weiter, mit meinem Grossmami im Herzen.See beim Gangapurna-Gletscher

Tag 8: von Manang nach Yak Kharka (4050m), 9 km
Von Manang aus gelang es uns, per Telefon ein Zimmer im Gangapurna Hotel zu reservieren. Um 10.30 Uhr treffen wir dort ein. Schon um diese Zeit hat es Leute, die kein Zimmer mehr bekommen. Wir setzen uns auf die sonnige Terrasse und geniessen ein Dal-Bhat.
Genau für solch kurze Wandertage hat sich mein Kafka bewährt. Endlich mal Zeit, Kafka zu lesen.Hinter Yak-Khara ist die Baumgrenze. Bei einem kurzen Spaziergang am Nachmittag sehen wir Blauschafe. Sie hüpfen vor uns durchs heidekrautartige Gebüsch. Yak Karkha bedeutet Yak-Weide.Manang um sieben in der Frueh

Tag 9: von Yak Kharka nach Thorong Phedi (4450m), 6 km
Zur besseren Akklimatisation wird empfohlen, nur kurze Strecken, bzw. wenig Höhe an einem Tag zurück zu legen.
Um nicht wieder mti dem Hotel-Problem konfrontiert zu werden, brechen wir um 07.00 Uhr in Yak Kharka auf. Treffen um 09.25 Uhr in Thorong Phedi ein und kommen gerade noch in einem Vierer-Zimmer unter. Dieses teilen wir mit unseren neuen Freunden, Lynda und Les aus Irland.


Tag 10: von Thorong Phedi über Thorong La (5416m) bis nach Muktinath (3800m), 16 km
Die meisten Wanderer brechen um vier Uhr morgens auf, was wir für unsinnig halten. Wir wollen nicht im dunkeln, bei minus 10°C den vereisten Berg hinauf wandern. Wir starten also um sechs Uhr. Zusammen mit den Iren Lynda und Les und den Schotten Lorna und Mark sind wir die Letzten, die Thorong Phedi verlassen. Wir geniessen den Sonnenaufgang, der über ein paar Sechstausender hereinbricht für einen Moment. Wir fühlen uns erhaben. Ein wenig später erreichen wir das High Camp. Nun sind wir auf 4800m. Wir sichten Lämmergeier und Schneehühner, sowie eine ganze Herde Blauschafe, die uns den Berg hinauf begleitet.
Kurz nach zehn Uhr erreichen wir den Thorong La Pass. 600 Meter höher als der Mont Blanc, 900 Meter höher als das Matterhorn. Eine einzelne Hütte steht auf dem Pass. Diese dient uns als Windschatten. Natürlich wird darin heisser Tee verkauft, für satte 150 Rupien (Fr. 2.10, ein Tee im Unterland kostet max. 20 Rupien, was 28 Rappen entspricht). Der Abstieg erweist sich als schwieriger, als ich gedacht habe. Ca. zwei Stunden lang verläuft der Pfad steil bergab über Schneefelder. Ich verfluche meine alten Schuhe, dessen Profil nicht existent ist. In weiser Voraussicht habe ich zwischen den zwei paar Socken die ich heute trage einen kleinen Plastiksack übergezogen. So bleiben meine Füsse ausnahmsweise mal den ganzen Tag trocken und warm.

Tag 11: von Muktinath nach Marpha (2670m), 25 km
Die meisten Wanderer gehen bis Jomson, welches sechs km vor Marpha liegt. Von dort nehmen sie dann einen Flug oder einen Jeep zurück nach Pokhara. Wir beschliessen jedoch, die Wanderung noch um ein paar Tage zu verlängern. Die Wanderung von Muktinath bis Kagbeni ist angenehm. In Kagbeni gibt es ein Restaurant namens Yac Donald's. Ab Kagbeni wandern wir im Kali Gandaki Tal, unter Trekkern auch Windy Valley genannt. Die nächsten 32 km wehen uns Wind und Staub ins Gesicht. Dieser starke Gegenwind, mach das Wandern unangenehm. Das Kali Gandaki Tal gilt als das Tiefste der Erde. Es wurde durch den gleichnamigen Fluss gebildet, welcher zwischen dem Dauaghiri (8167m) und dem Annapurna I (8091m), die hier nur gerade 30 km von einander entfernt liegen, hindurchfliesst.Jarkhot


Windy Valley




Tag 12: Ruhetag und Festival in Marpha
In Marpha findet gerade ein fünftägiges Hindufestival statt. Wir beschiessen, einen Tag diesem Festival zu widmen. Den ganzen Tag wird getanzt. Farbige Kostüme und Geistermasken werden von rhythmischen Trommeln und seltsamen Blasinstrumenten begleitet. Ich setze mich auf den Boden und fotografiere vorbeigehende Kinder.
Den Abend beschliessen wir mit gegrillten Hühnerschenkeln, was nach fast zwei Wochen fleischloser Kost ein Wohltat ist. Ebenfalls bestellen wir je ein Glas Apfel-Brandy, für die die Region um Marpha bekannt ist.

Tag 13: von Marpha nach Kalopani (2535m), 14 km
Der Kali Gandaki hat im Flussbett ein dermassen grosses Wirrwarr angerichtet, dass wir keinen Weg durch das Labyrinth finden. Es bleibt nur ein kilometerlanger Umweg oder wieder mal die Schuhe auszuziehen. So waten wir durch das eisig kalte Wasser. Immer noch herrscht starker Gegenwind.
Der Nilgiri (7061m) türmt sich vor uns auf. In Kalopani finden wir ein äusserst nettes Hotel. Ehrlich gesagt, eines der Besten auf der ganzen Reise. Wir geniessen den Nachmittag unter einem Sonnenschirm. Beende Kafka, weiss aber noch nicht , ob ich das Buch verstanden habe.

68er-Kuh vom Flower-Bauer

Tag 14: von Kalopani nach Tatopani (1200m), 20 km
Der Kali Gandaki knickt nach Süden ab, der Wind verschwindet. Wir wandern abwärts. Ebenfalls verschwinden die Tannen und machen Laubbäumen und Rhododendren Platz. Wir sichten eine halbe Meter lange Schlange mir rotem Kopf. Am Ende unserer Wanderung werden wir mit heissen Quellen in Tatopani belohnt. Man merkt, wie sich die Muskeln augenblicklich im heissen Wasser entspannen. Ich kann es nicht lassen: Zur Abkühlung hüpfe ich in den kalten Kali Gandaki Fluss. Aber dann auch sofort wieder zurück ins heisse Becken.

1 Kommentar:

  1. Superbes photos!
    Je retiendrai particulièrement celle de Manang avec l'arc-en-ciel.
    Féérique!
    Elle est dédiée à ta Grand-Maman, n'est-ce pas?
    Bisous
    Danièle

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